Am 23. November 1894 brach in der Alter'schen Möbelfabrik ein Großfeuer aus. Kurze Zeit nach diesem Brand wurde neben der seit einer Reihe von Jahren bestehenden Nachtwache eine Tagwache eingerichtet. Diese Einrichtung fand bei der Bevölkerung eine allgemeine Anerkennung. Die Berufsfeuerwehr Darmstadt hatte ihre Geburtsstunde, die ständige Feuerwache bestand aus 1 Führer und 4 Mann. Sie wurde von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr gebildet. Diese neue Einrichtung wurde bereits im ersten Jahr ihres Bestehens zu ca. 30 Einsätzen gerufen. Die laufenden Kosten der ständigen Feuerwache wurden aus der Polizeikasse beglichen. Zusätzlich unterhielt die Stadt Darmstadt weiterhin 5 gleichmäßig ausgerüstete Züge der Freiwilligen Feuerwehr. Im Jahre 1900 bestand die Personalstärke der ständigen Wache aus 2 Führern und 8 Mann. Die Mannschaft versah ihren Dienst in 2 Schichten: einer Tag- und einer Nachtschicht. Während der Sommermonate begann die Tagschicht morgens um 5.00 Uhr und endete abends um 21.00 Uhr. Zur Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft und zur körperlichen Ertüchtigung musste die Mannschaft jeden Tag 1 Stunde vormittags und 1 Stunde nachmittags Geräteexerzieren und Steigübungen abhalten. Die Vergütung betrug damals für die Tagschicht pro Mann 3,50 Mark und für die Nachtschicht pro Mann 2,00 Mark.
Eine am 1. Mai 1901 erlassene Dienstvorschrift für die ständige Feuerwache der Stadt Darmstadt regelte den Dienstablauf und die Aufgaben der Wache. Diese Dienstvorschrift sagt aus, dass die ständige Feuerwache aus Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr eine militärisch organisierte Mannschaft bildet und unter dem Kommando des Branddirektors steht. Die Feuerwehr hat die Aufgabe und die Pflicht, für die Sicherheit und das Wohl der Bürger der Stadt zu sorgen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, hat die Feuerwehr die Pflicht, sich durch ständige Übungen weiterzubilden, um eine rasche Hilfe zu gewährleisten. Ferner, zu jeder Feuersgefahr die ihr bekannt wird, unverzüglich mit ihren Geräten abzurücken und an der Brandstelle so lange Dienst zu leisten, bis dass die Feuergefahr beseitigt ist. Im Jahre 1901 wurde auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 5. Dezember die Mannschaft um 2 Mann verstärkt. Trotz der ständigen Anwesenheit der Feuerwache beinhaltete dieses System einen großen Mangel. Fahrzeuge und Gerätschaften mussten im Handzug an die Einsatzstelle geschafft werden. Dadurch kamen die Mannschaften oft im erschöpften Zustand an und konnten deshalb manchmal keine wirksame Hilfe leisten.
Am 13. März 1902 beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Feuerwache auf 10 Mann zu verstärken und gleichzeitig die Bereitstellung von 4 Pferden und 2 Kutschern. Die räumliche Unzulänglichkeit der Wache konnte auch in diesem Jahr behoben werden. So wurde das untere Stockwerk des Schulhauses hinter der Stadtkirche als Wachlokal für die ständige Feuerwache eingerichtet. Ein Geräteschuppen und ein Pferdestall wurden ebenfalls zwischen Schulhaus und dem damals bestehenden Pfandhaus erbaut. Ab diesem Zeitpunkt brauchte die Feuerwehr nicht mehr ihre Gerätschaften selbst zum Einsatzort zu ziehen; man fuhr mit einem Mannschaftswagen und einer Rettungsleiter im Pferdegespann zum Einsatzort. Die Pferde und Kutscher unterstanden nicht der ständigen Feuerwache. Sie wurden von Darmstädter Kutschereibesitzern gestellt. Brandmeldungen erreichten die ständige Feuerwache über eine Telefonanlage mit insgesamt 22 öffentlichen Feuermeldestellen. Am 23. Juli 1902 wurde die neue Feuerwache ihrer Bestimmung übergeben. Das neue Wachlokal enthielt einen Schlafraum mit 12 Betten, 1 Wach- und Baderaum; an das Gelände angrenzend einen Geräteschuppen sowie einen Pferdestall für 4 Pferde.
Gleichzeitig erhöhte man die Mannschaft der ständigen Feuerwache auf 10 Mann pro Schicht. Eine Schicht bestand aus einem Oberfeuerwehrmann, einem Führer und acht Feuerwehrleuten. Darüber hinaus waren in jeder Schicht ständig zwei Kutscher zum Fahren des Mannschaftswagens und der Rettungsleiter anwesend. Die Alarmierung der Wache erfolgte durch einen elektrischen Alarmapparat. Die Ausrüstung in diesem Jahr bestand aus einem Mannschafts- und Gerätewagen sowie einer Drehleiter von 20 m Steighöhe. Diese beiden Geräte waren für Pferdezug eingerichtet. Ferner stand auf der Feuerwache eine große vierrädrige Saug- und Pumpspritze und ein Gerätewagen für den Handzug zur Verfügung. 300,00 Mark monatlich musste die Stadt allein für den Unterhalt der Pferdegespanne und der Kutscher an die Kutschereibesitzer zahlen. Für Brandmeldungen standen in diesem Jahr 31 öffentliche Feuermelder zur Verfügung. Sie waren mit einer grünen Scheibe und der Aufschrift "Feuermelder" gekennzeichnet. Für die Löschwasserversorgung waren im Jahre 1904 - 784 städtische Unterflur- und 1 Überflurhydrant eingerichtet. Die Löschwasserversorgung der Stadt wurde von der städtischen Wasserverwaltung aufrechterhalten.
Das Ausrücken im Brandfall war so geregelt, dass nach Einlaufen der Brandmeldung die ständige Feuerwache sofort mit 2 bespannten Fahrzeugen zur ersten Hilfeleistung zur Brandstelle abrückten und von dort je nach Lage eine weitere Alarmierung durchführten. 85 mal wurde diese Feuerwache alarmiert. Darunter befanden sich auch 5 Großfeuer. Großalarm wurde zum ersten mal nach 3 Jahren wieder für die gesamte Feuerwehr von Darmstadt gegeben, als in der Frankensteiner Straße die Kunsthalle des Herrn Lautz brannte.
33.622,10 Mark betrugen die Kosten der städtischen Tages- und Nachtwache sowie die Bereitstellung der Pferde zum Transport der Geräte in diesem Jahr. Die Anschrift der ständigen Feuerwache war Kirchstraße 13 und die Station befand sich im Mittelpunkt der Stadt.
Die gesamte Leitung der Feuerwehr unterstand dem Branddirektor oder dessen Stellvertreter, dem Oberbrandmeister. Im Jahre 1905 wurde die Mannschaftsstärke der ständigen Feuerwache abermals erhöht. Zum Einsatz rückte man damals mit dem Mannschafts- und Gerätewagen sowie einer Drehleiter von 24 m Steighöhe aus, die in diesem Jahr neu beschafft wurde. Diese Drehleiter war ein Produkt der Fa. Magirus. Ausgerückt wurde: Mannschafts- und Gerätewagen besetzt mit dem Oberfeuerwehrmann, 6 Feuerwehrleuten und 1 Fahrer. Drehleiter: Besetzt mit dem Führer, 3 Feuerwehrleuten und dem Fahrer. Wie bereits erwähnt, rückte man noch mit Pferdegespannen aus. Diese Pferde standen stets angeschirrt im Stall. Im Einsatzfall blieb immer ein Mann im Wachlokal in Bereitschaft zurück. Die Mannschaft war im Sanitätsdienst ausgebildet. So konnte sie jederzeit bei Unfällen sachgemäße Hilfe leisten. Ab dem Jahre 1907 wurde im Löschzug eine Gasspritze mitgeführt. Insgesamt befanden sich auf den beiden Fahrzeugen, der Drehleiter und dem Mannschaftswagen mit der Gasspritze 650 m Schlauch. Für Feuerlöschzwecke waren damals 900 städtische Unterflur- und ein Überflurhydrant installiert. 34 öffentliche Feuermelder gewährleisteten, dass eine Brandmeldung ordnungsgemäß übermittelt werden konnte. Ab dem Jahre 1909 rückte die Feuerwache mit 2 bespannten Fahrzeugen und einem Radfahrer aus. Er fuhr dem Löschzug voraus und konnte gegebenenfalls schnell weitere Hilfe herbeiholen. Ferner ist für das Jahr 1909 zu erwähnen, dass zum 1. Mal die Wehr bei einem Automobilbrand tätig wurde.
Mit dem Fortschreiten der Technik stellte sich heraus, dass die Räumlichkeiten den Anforderungen der damaligen Zeit nicht mehr gerecht wurden. So ergab es sich im Jahre 1910, dass ein vollständiger Umbau des Wachgebäudes in der Kirchstraße hinter der Stadtkirche stattfand. Am 29. Dezember 1910 wurden diese neuen Räumlichkeiten ihrer Bestimmung übergeben. Gleichzeitig dachte man auch in diesem Jahr schon daran, sich auf eine neue Generation von Feuerlöschgeräten einzustellen. Der Magistrat bewilligte 25.000 Mark zur Anschaffung einer Automobilspritze. Die Anschaffung verzögerte sich aber noch um einige Zeit, obwohl im Jahr 1911 zusätzliche Mittel zur Beschaffung des Fahrzeuges bewilligt wurden. So erklärten sich die damals in Darmstadt vertretenen Versicherungen bereit, 5.000 Mark zu übernehmen. Den gleichen Betrag stellte die Hessische Brandversicherungsanstalt nach Lieferung zur Verfügung. Für das Jahr 1911 ist noch zu erwähnen, dass nach Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13. Juli mit Zustimmung des Großherzoglichen Polizeiamtes und der Branddirektion die Aufhebung der seit alten Zeiten bestehenden Feuerhochwache auf dem Stadtkirchturm vorgenommen wurde. Ebenso musste in diesem Jahr erstmals ein Automobil von der Feuerwehr geborgen werden.
Im Jahre 1912 wurde endlich das bereits im Jahre 1910 bewilligte motorisierte Löschfahrzeug in Dienst genommen. Dieses "Benzinautomobil" war ein Mannschaftswagen mit eingebauter Pumpe. Der Hersteller war die Adam Opel AG in Rüsselsheim. Ab diesem Zeitpunkt betrug die Wachstärke pro Schicht vierzehn Mann. Sie bestand aus dem Oberfeuerwehrmann, zwei Führern und zehn Feuerwehrleuten sowie einem Maschinisten. Bevor in der damaligen Zeit neue Gerätschaften angeschafft werden konnten, mussten erst die nötigen Mittel bereitgestellt werden. Bereits im Jahre 1913 machte man sich Gedanken darüber, dass der Löschdienst innerhalb der Stadt modernisiert werden müsste. So gab man eine Automobildrehleiter in Auftrag. Ebenso wurde die Anschaffung eines Automobilpumpenwagens für 800 bis 1000 l Wasserleistung in der Minute gefordert. Dieses Fahrzeug war für Ausrückungen zu kleineren Brandfällen gedacht und es war so ausgelegt, dass es für Hilfeleistungen nach außerhalb, zu denen die Stadt auch weiterhin noch verpflichtet war, in Betracht kam. Zu erwähnen ist noch für dieses Jahr, dass am 18. Juli im Gräfenhäuser Weg zum ersten Mal in den Brandberichten der Brand eines Lastkraftwagens vermerkt wurde. Das Jahr 1914 zeichnete sich dadurch aus, dass vom 16. August dieses Jahres an, die Mitarbeiter der ständigen Feuerwache in ein ständiges Dienstverhältnis übernommen wurden, wodurch die ständige Wachbesatzung auf sechzehn Mann erhöht werden konnte.
Der 31. März 1916 war für die Geschichte der Berufsfeuerwehr Darmstadt ein besonderes Ereignis.
Ab diesem Tag konnte die ständige Bereitschaft von Pferden auf der Feuerwache aufgehoben werden. Zu Einsätzen rückte man ab sofort mit drei Automobilfahrzeugen aus. Der Löschzug bestand aus einer Drehleiter von 24 m Höhe und 2 Pumpenwagen. Diese neuen Gerätschaften waren auf Opelfahrgestellen aufgebaut.